Dieser Ratgeber ist die detaillierte Ergänzung zu unserem Hauptartikel, der das Mehrfamilienhaus grundlegend vorstellt. Hier konzentrieren wir uns auf die detaillierte Due Diligence, also die kritischen Punkte, die Sie als Investor speziell beim Kauf prüfen müssen. Von der Renditeberechnung über die Bausubstanzanalyse bis zur rechtlichen Prüfung – wenn Sie ein Mehrfamilienhaus kaufen, hilft Ihnen dieser systematische Prüfprozess, teure Fehler zu vermeiden und profitable Investitionen zu identifizieren.
Inhaltsverzeichnis
Die wirtschaftliche Prüfung: Stimmen Rendite und Cashflow?

Detaillierte Renditeberechnung mit Praxisbeispiel
Die Bruttorendite bildet den ersten Anhaltspunkt: Jahresmieten geteilt durch Kaufpreis. Bei einem Mehrfamilienhaus für 800.000 Euro mit 48.000 Euro Jahresmiete ergibt sich eine Bruttorendite von 6 Prozent.
Für die aussagekräftigere Nettorendite ziehen Sie alle Betriebskosten ab:
Beispielrechnung:
- Jahresmieten: 48.000 Euro
- Verwaltung (30 Euro/Monat pro Wohnung bei 6 Einheiten): 2.160 Euro
- Instandhaltungsrücklage (1,50 Euro/qm/Monat bei 400 qm): 7.200 Euro
- Versicherungen und Steuern: 3.600 Euro
- Leerstandsrisiko (5% der Mieten): 2.400 Euro
- Nettomiete: 32.640 Euro = 4,08% Nettorendite
Cashflow nach Finanzierung berechnen
Entscheidend ist der tatsächliche Cashflow nach Finanzierungskosten. Bei 600.000 Euro Darlehen (2,5% Zinssatz, 2% Tilgung) entstehen jährliche Finanzierungskosten von 27.000 Euro.
Cashflow-Rechnung:
- Nettomiete: 32.640 Euro
- Finanzierungskosten: 27.000 Euro
- Positiver Cashflow: 5.640 Euro jährlich
Nutzen Sie unseren Finanzierungsrechner für verschiedene Zins- und Tilgungsszenarien. Die richtige Eigenkapital-Quote verbessert sowohl Konditionen als auch Cashflow erheblich.
Steuerliche Optimierung einbeziehen
Die steuerlichen Vorteile können den Cashflow deutlich verbessern. Bei unserem Beispielobjekt können Sie jährlich 16.000 Euro linear abschreiben (2% von 800.000 Euro). Zusätzlich sind alle Betriebskosten und Finanzierungszinsen steuerlich absetzbar.
Detaillierte Informationen zu steuerlichen Vorteilen für Vermieter und welche Kosten Sie absetzen können, optimieren Ihre Renditeberechnung weiter.
Die technische Prüfung: Bausubstanz & Sanierungsstau analysieren
Die technische Due Diligence ist ein entscheidender Schritt, wenn Sie ein Mehrfamilienhaus kaufen.
Systematische Gebäudeinspektion

Beauftragen Sie unbedingt einen Sachverständigen für die technische Prüfung. Konzentrieren Sie sich auf die kostenintensivsten Bereiche: Dach, Fassade, Heizungsanlage und Elektroinstallation. Diese Komponenten können einzeln fünf- bis sechsstellige Sanierungskosten verursachen.
Prüfen Sie besonders bei Altbauten die Energieeffizienz. Gebäude mit schlechtem Energieausweis werden langfristig schwerer vermietbar. Kalkulieren Sie energetische Modernisierungen als notwendige Investition, nicht als Option.
Unsere Checkliste zur Hausbesichtigung: Worauf Sie achten sollten hilft bei der systematischen Bewertung. Für ältere Objekte finden Sie spezifische Hinweise im Ratgeber Altbau sanieren.
Instandhaltungsrückstau quantifizieren
Fordern Sie vom Verkäufer alle Wartungsprotokolle, Rechnungen und Reparaturdokumentationen der letzten 10 Jahre an. Fehlende Dokumentation deutet oft auf verschleppte Instandhaltung hin.
Erstellen Sie eine Prioritätenliste notwendiger Maßnahmen:
- Sicherheitsrelevante Reparaturen (sofort)
- Werterhaltende Maßnahmen (1-3 Jahre)
- Modernisierungen zur Mietoptimierung (3-5 Jahre)
Kalkulieren Sie mindestens 15-20 Prozent des Kaufpreises als Reserve für die ersten fünf Jahre. Bei unserem 800.000-Euro-Beispiel entspricht das 120.000-160.000 Euro.
Die rechtliche Prüfung: Mietverträge, Grundbuch & Co.
Mietvertragsprüfung im Detail

Analysieren Sie jeden Mietvertrag einzeln auf Laufzeit, Kündigungsfristen und Mietpreise. Besonders wichtig: Prüfen Sie, ob die Mieten unter dem örtlichen Mietspiegel liegen und welche Erhöhungsmöglichkeiten bestehen.
Achten Sie auf Sondervereinbarungen wie Staffel- oder Indexmieten. Diese können vorteilhaft sein, schränken aber Ihre Flexibilität ein. Dokumentieren Sie alle Kautionen und deren korrekte Anlage – Sie haften nach der Übernahme für die ordnungsgemäße Verwaltung.
Bei der rechtlichen Bewertung hilft unser Leitfaden Kaufvertrag prüfen. Für umfassende Informationen zu Ihren Rechten und Pflichten als Vermieter empfehlen wir den Ratgeber der Berliner Sparkasse.
Grundbuch- und Baulastenanalyse
Das Grundbuch gibt Aufschluss über alle Belastungen des Objekts. Prüfen Sie Abteilung II auf Dienstbarkeiten, Wegerechte oder Erbbaurechte. Diese können den Wert und die Nutzungsmöglichkeiten erheblich einschränken.
In Abteilung III finden Sie alle Grundschulden und Hypotheken. Diese müssen bei der Übergabe gelöscht oder übernommen werden. Unser Artikel zum Grundbuch-Eintrag erklärt die Details.
Fordern Sie zusätzlich einen Baulastennachweis an. Baurücknahmeverpflichtungen oder geplante öffentliche Baumaßnahmen in der Nachbarschaft können erhebliche Auswirkungen haben.
Kaufvertrag und Gewährleistung

Der Kaufvertrag sollte alle wesentlichen Vereinbarungen detailliert regeln. Bestehen Sie auf einer genauen Auflistung aller übernommenen Gegenstände und Anlagen. Vereinbaren Sie Gewährleistungsausschlüsse nur nach gründlicher technischer Prüfung.
Wichtig ist auch die Regelung der Kaufpreisfälligkeit. Knüpfen Sie die Zahlung an die Erfüllung aller Voraussetzungen: Grundbucheintrag, Löschung alter Lasten und ordnungsgemäße Mieterbenachrichtigung.
Die Standort-Prüfung: Mikro- und Makrolage bewerten
Die Standortanalyse ist fundamental, bevor Sie ein Mehrfamilienhaus kaufen.
Wirtschaftsstruktur und Arbeitsplätze
Analysieren Sie die lokale Wirtschaftsstruktur auf Diversifikation und Zukunftsfähigkeit. Regionen mit einseitiger Industriestruktur bergen höhere Leerstandsrisiken als breit aufgestellte Standorte.
Prüfen Sie die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen, geplante Ansiedlungen oder Schließungen großer Arbeitgeber. Diese Faktoren beeinflussen mittel- bis langfristig die Mietpreisentwicklung erheblich.
Universitätsstädte und Verwaltungsstandorte bieten oft stabilere Nachfrage, während reine Industriestandorte konjunktureller schwanken.
Infrastruktur und Demografie

Die Verkehrsanbindung entscheidet über die Attraktivität für Mieter. Prüfen Sie öffentliche Verkehrsmittel, Autobahnanbindung und geplante Infrastrukturprojekte. Auch die Nahversorgung mit Supermärkten, Ärzten und Schulen beeinflusst die langfristige Vermietbarkeit.
Analysieren Sie die demografische Entwicklung der Region. Schrumpfende Gemeinden erschweren die Vermietung, während wachsende Städte oft Mietpreissteigerungen ermöglichen.
Regionale Preisunterschiede bei Mehrfamlienhäusern strategisch nutzen
Metropolregionen vs. B-Standorte
In München, Hamburg und Frankfurt müssen Sie mit Kaufpreisfaktoren von 25-35 rechnen, wenn Sie ein Mehrfamilienhaus kaufen. Die Renditen sind entsprechend niedrig, aber die Wertstabilität hoch. Für Einsteiger oft zu kapitalintensiv.
B-Städte mit guter Wirtschaftsstruktur bieten oft bessere Einstiegsmöglichkeiten. Faktoren zwischen 15-20 bei stabiler Nachfrage ermöglichen höhere Anfangsrenditen bei überschaubaren Risiken. Detaillierte Marktdaten finden Sie im Immobilienmarktbericht Deutschland der Gutachterausschüsse.
Meiden Sie strukturschwache Regionen, auch wenn die Kaufpreise verlockend niedrig erscheinen. Hohe Leerstände und sinkende Mieten vernichten langfristig Ihr investiertes Kapital.
Finanzierungsstrategien für verschiedene Objektgrößen
Bei kleineren Objekten (2-3 Familienhaus) akzeptieren Banken oft geringere Eigenkapitalquoten. Die persönliche Bonität steht im Vordergrund. Größere Objekte erfordern meist 25-30 Prozent Eigenkapital plus Kaufnebenkosten.
Nutzen Sie KfW-Förderungen bei energetischen Sanierungen. Diese verbessern sowohl die Finanzierungskonditionen als auch die langfristige Vermietbarkeit des Objekts.
Variable Darlehensanteile können bei fallenden Zinsen vorteilhaft sein, erhöhen aber das Zinsänderungsrisiko. Mischen Sie verschiedene Laufzeiten für optimale Flexibilität.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Mehrfamilienhaus kaufen
Wie berechnet man den angemessenen Kaufpreis eines Mehrfamilienhauses?
Als Faustregel gilt: Jahresmiete multipliziert mit einem Faktor zwischen 15-25, abhängig von Lage und Zustand. In unserem Beispiel mit 48.000 Euro Jahresmiete wären bei Faktor 20 maximal 960.000 Euro gerechtfertigt. Für die detaillierte Analyse folgen Sie den vier Prüfungsschritten: wirtschaftliche Prüfung mit Cashflow-Berechnung, technische Bewertung der Bausubstanz, rechtliche Analyse der Mietverträge und Standortbewertung.
Worauf muss ich beim Kauf eines Mehrfamilienhauses besonders achten?
Befolgen Sie systematisch diese vier Prüfungsschritte: 1) Wirtschaftliche Prüfung – berechnen Sie den realen Cashflow nach allen Kosten und Finanzierung. 2) Technische Prüfung – lassen Sie die Bausubstanz professionell bewerten und kalkulieren Sie Sanierungskosten ein. 3) Rechtliche Prüfung – analysieren Sie alle Mietverträge, Grundbucheinträge und Kaufvertragsklauseln. 4) Standortprüfung – bewerten Sie die lokale Wirtschaftsstruktur und demografische Entwicklung.
Welche Eigenkapitalquote ist für Mehrfamilienhäuser optimal?
Planen Sie mindestens 25-30 Prozent Eigenkapital plus Kaufnebenkosten (weitere 10-15 Prozent). Bei einem 800.000-Euro-Objekt benötigen Sie also 280.000-360.000 Euro Eigenkapital. Dies verbessert nicht nur die Finanzierungskonditionen erheblich, sondern schafft auch einen Sicherheitspuffer für unvorhergesehene Sanierungskosten. Je höher das Eigenkapital, desto besser der Cashflow.
Wie erkenne ich versteckte Mängel bei der Objektprüfung?
Beauftragen Sie immer einen qualifizierten Sachverständigen für die technische Prüfung. Achten Sie besonders auf: Wasserschäden (Schimmel, Verfärbungen), veraltete Elektrik (fehlende FI-Schalter), alte Heizungsanlagen (über 20 Jahre), Risse in Wänden oder Fundamenten. Fordern Sie alle Wartungsprotokolle der letzten 10 Jahre an – fehlende Dokumentation ist ein Warnsignal. Planen Sie 15-20 Prozent des Kaufpreises als Sanierungsreserve ein.
Was sind die häufigsten Fehler beim Mehrfamilienhaus-Kauf?
Die größten Fehler: 1) Zu optimistische Renditeberechnung ohne realistische Leerstandsreserve und Instandhaltungskosten. 2) Unvollständige technische Prüfung – versteckte Mängel können den Kaufpreis übersteigen. 3) Oberflächliche Mietvertragsanalyse – unterschätzte rechtliche Risiken bei problematischen Mietern. 4) Standortwahl ohne Zukunftsperspektive – auch günstige Objekte in strukturschwachen Regionen werden zum Verlustgeschäft.